Wie entwickeln sich angehende Lehrkräfte während ihres Vorbereitungsdienstes? Wie erleben sie diese Zeit? Welche Herausforderungen sehen sie und auch ihre Ausbildenden? Und wie können sie bei der Bewältigung positiv unterstützt werden? Diesen zentralen Fragen gehen wir im Projekt nach.

Das Projekt Evaluation des Vorbereitungsdienstes im Land Nordrhein-Westfalen untersucht mittlerweile in der dritten Phase die Effekte der Reform des Vorbereitungsdienstes für Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2011.

  • Schwerpunkt: Differenzielle Bildungsbedingungen und Bildungsverläufe
  • Abteilung: Lehr- und Lernqualität in Bildungseinrichtungen
  • Arbeitsbereich: Schulisches Lehren und Lernen
  • Bildungsbereiche: Schule, Weiterbildung
  • Laufzeit: 01/2023 – 12/2025
  • Finanzierung: Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen geht neue Wege in der Lehramtsausbildung

Anfang der 2000er stand die Lehramtsausbildung in Nordrhein-Westfalen auf dem Prüfstand. Eine Ursache dafür war die Umstellung der universitären Ausbildung auf das Bachelor-Master-System. Ganz grundsätzliche Fragen standen in diesem Zusammenhang im Raum. Allen voran: Wie soll die Ausbildung überhaupt gestaltet werden?

Um besser auf Herausforderungen im Schulalltag reagieren zu können, sollte sie praxisnah und berufsbezogen sein. Deshalb beauftragte die damalige Landesregierung eine Expert*innenkommission, die Empfehlungen zur Verbesserung der Lehramtsausbildung in Nordrhein-Westfalen erarbeitete. Im Mai 2009 wurde schließlich ein neues Lehrerausbildungsgesetz verabschiedet. Eine wichtige Neuerung war die Ausweitung der Praxisphasen, die angehende Lehrkräfte absolvieren müssen und die Einführung eines Praxissemesters im „Master of Education“, das heute für viele Studierende ganz selbstverständlich ist. Diese Änderungen sollen sicherstellen, dass zukünftige Lehrkräfte besser auf die Anforderungen ihres Berufs vorbereitet sind.

»Seit 2009 gibt es ein Praxissemester im Lehramtsstudium „Master of Education“ – damals eine wichtige Neuerung, heute für die Studierenden völlig selbstverständlich.«

Doch nicht nur das Studium, sondern auch der Vorbereitungsdienst – auch bekannt als Referendariat – wurde in den Blick genommen und reformiert. In dieser Phase liegt der Fokus weniger auf der Vermittlung von Grundlagenwissen, sondern vielmehr auf der Entwicklung von Handlungskompetenz, die auf Reflexion basiert. Während das Studium darauf abzielt, die Studierenden auf die Praxis vorzubereiten, soll der Vorbereitungsdienst ihnen die nötige Sicherheit im Umgang mit Schüler*innen geben. So lernen angehende Lehrkräfte konkret, worauf es beim Unterrichten wirklich ankommt.

Der neue Vorbereitungsdienst für angehende Lehrkräfte trat am 1. August 2011 in Kraft. Er wurde von 24 Monaten auf nunmehr 18 Monate verkürzt und bringt ein neues ausbildungsdidaktisches Konzept mit sich.

Die wissenschaftliche Begleitung des Vorbereitungsdienstes: Das Forschungsprogramm BilWiss

In der Ausbildung von Lehrkräften in Nordrhein-Westfalen hat sich seitdem viel verändert. Teil des neuen Lehrerausbildungsgesetzes war auch, dass die Qualität der Ausbildung von der Landesregierung kontinuierlich evaluiert und weiterentwickelt wird. Da traf es sich gut, dass ein Forschungsverbund aus Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, Universität Münster und Universität Duisburg-Essen ein großes Forschungsprojekt im Kontext des Vorbereitungsdienstes plante. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt BilWiss untersuchte, wie nützlich bildungswissenschaftliches Wissen (BilWiss) beim Berufseinstieg ist. Denn neben dem fachlichen und fachdidaktischen Wissen in ihren individuellen Fächerkombinationen erwerben angehende Lehrkräfte im Studium auch Kenntnisse im Bereich der Bildungswissenschaften. Diese Zusammenhänge sollten exemplarisch in einem der größten Bundesländer, nämlich Nordrhein-Westfalen untersucht werden.

Die enge zeitliche und räumliche Zusammenarbeit führte zur Erweiterung des ursprünglichen Projektvorhabens und zur Entstehung der ersten Projektphase unter Leitung von Mareike Kunter. Die Verantwortlichen wollten herausfinden, ob die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes von 24 auf 18 Monate durch die qualitative Verbesserung der Ausbildungselemente  ausgeglichen werden kann. Die wissenschaftliche Begleitung sollte es ermöglichen, gut ausgebildete Lehrkräfte in den Schuldienst zu bringen, die den vielfältigen Herausforderungen erfolgreich begegnen können.

BILWISS-AbschlusstagungAuf der Abschlusstagung des Forschungsprojekts BilWiss diskutierte das Team die Ergebnisse und deren Bedeutung für die Lehramtsausbildung mit Vertreter*innen aus Lehramtsausbildung und Bildungsforschung.

Für die Evaluation wurde die erste Kohorte von Lehrkräften, die den neuen 18-monatigen Vorbereitungsdienst direkt nach der Reform durchliefen, wissenschaftlich begleitet und mit der letzten Kohorte verglichen, die noch den alten Vorbereitungsdienst absolvierte, und im Rahmen der BilWiss-Studie untersucht worden war. Es zeigte sich, dass schon kurz nach dem Inkrafttreten der Reform ein Großteil der neuen Lerngelegenheiten erfolgreich umgesetzt werden konnte und mit der Verkürzung kein Verlust der Ausbildungsqualität einherging.

Da immer wieder neue Herausforderungen auf Lehrkräfte warten, müssen sich auch die Anforderungen an deren Ausbildung weiterentwickeln. Und für uns galt: Nach dem Forschungsprojekt ist vor dem Forschungsprojekt – auch die bewährte Kooperation sollte fortgeführt werden.

2. Teil: Das Projekt

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