Projekt des Monats: INCLASS

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27.03.2024 Nachricht
Das Projekt INCLASS möchte das inklusive Bildungserlebnis für autistische Schüler*innen in Deutschland verbessern, indem es pädagogische Fachkräfte mit einer digitalen Fortbildungsplattform, einem Self-Assessment-Tool und einem Prototypen einer Smartphone-App ausstattet.

Mehr als ein Prozent aller Schüler*innen in Deutschland werden dem Autismus-Spektrum zugeordnet. Immer mehr von ihnen können heute die Regelschule besuchen. Gleichzeitig mangelt es pädagogischen Fachkräften jedoch vielfach an Wissen und Ressourcen für eine adäquate autismus-spezifische Beschulung. Dies beeinträchtigt nicht zuletzt das sozio-emotionale Wohlbefinden und den Bildungserfolg dieser Kinder.

Hier setzt das Projekt INCLASS an, das 2022 am DIPF gestartet wurde. Wie können diese Kinder im schulischen Umfeld besser unterstützt werden? Wie können das Wissen und die Sensibilität der Fachkräfte im Umgang mit Autismus gestärkt werden? Und wie kann inklusive Bildung in diesem Zusammenhang besser funktionieren?

Diese Fragen möchte INCLASS beantworten, indem es den Blick auf die pädagogischen Fachkräfte richtet: "Nicht nur aber gerade im inklusiven Grundschulbereich wird oft in multiprofessionellen Teams gearbeitet: Lehrer*innen, Erzieher*innen und Schulbegleiter*innen arbeiten in einem Klassenraum. Sie alle sind zusammen mit Schulsozialarbeiter*innen und Schulpsycholog*innen für Kinder im Autismus-Spektrum zuständig und brauchen ein inklusionsbezogenes Wissen über Autismus, so dass eine optimale Zusammenarbeit möglich ist", sagt Dr. Kathrin Berdelmann aus dem Projektteam.

Unterstützung pädagogischer Fachkräfte

Mit der Entwicklung von Trainings- und Beurteilungsinstrumenten mit drei Komponenten möchten die Forschenden die pädagogischen Fachkräfte bei ihrer Arbeit unterstützen.

Die erste Komponente bildet eine digitale Fortbildung, bei der pädagogischen Fachkräften wichtige Kompetenzen für den autismus-sensiblen inklusiven Unterricht und den außerunterrichtlichen Umgang mit autistischen Kindern vermittelt werden.

Als zweite Komponente hilft ein Self-Assessment-Tool den pädagogischen Fachkräften, ihr Wissen, ihre Überzeugungen und Motivation bezüglich autismussensibler Beschulung selbst einzuschätzen und eine individualisierte Empfehlung für spezifische Fortbildungsinhalte zu erhalten. Dieses Tool dient zudem der Evaluation der Inhalte der digitalen Fortbildungs-Plattform.

Die dritte Komponente bildet ein Prototyp einer Smartphone-App, der von pädagogischen Fachkräften zusammen mit den autistischen Kindern genutzt werden kann, um Erkenntnisse über individuelle Barrieren der Kinder zu gewinnen. In der App können die autistischen Kinder angeben, wie der Schultag für sie war. Auf Grundlage dieser täglichen Bewertungen gewinnen Lehrkräfte relevante Informationen über die einzelnen autistischen Kinder und können angemessen auf diese reagieren.

"Die digitale Fortbildungsplattform und das Self-Assessment-Tool sowie ein Prototyp der App werden allen Schulen als offene Bildungsressource kostenlos zur Verfügung gestellt. Aktuell sind bereits einige der sechs geplanten Module der Fortbildungsplattform entwickelt und evaluiert, die weiteren Module werden voraussichtlich bis Ende 2025 fertiggestellt. Ein Prototyp der App wurde entwickelt und bereits in verschiedenen Klassen getestet. Dieser Prototyp wird derzeit um verschiedene Funktionen erweitert und bis Ende 2025 in die digitale Fortbildung integriert. Ebenso wie das Self-Assessment. Das wurde bereits entwickelt und in verschiedenen Pilotstudien auf seine Güte hin getestet. Hier steht als nächster Schritt die Entwicklung des individuellen Feedbacksystems an", so Dr. Berdelmann zum aktuellen Stand des Projekts.

Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit

Im Projekt arbeiten DIPF-Wissenschaftler*innen aus gleich drei Abteilungen zusammen – der BBF | Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung und den Abteilungen Bildung und Entwicklung (BiEn) und Lehr- und Lernqualität in Bildungseinrichtungen (LLiB). Geleitet wird das Projekt von Dr. Kathrin Berdelmann, Prof. Dr. Charlotte Dignath, Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, Prof. Dr. Mareike Kunter und Prof. Dr. Florian Schmiedek.

"Zu den Stärken des DIPF gehört es, dass wir über hervorragende Expert*innen aus sehr unterschiedlichen Disziplinen und Inhaltsbereichen verfügen. INCLASS gehört zu den Projekten, in denen wir diese Stärke intensiv nutzen. Hier arbeiten Expert*innen aus den Bereichen Erziehungswissenschaft, Inklusionsforschung, Entwicklungspsychologie, Unterrichtsforschung sowie Lern- und Entwicklungsstörungen eng zusammen. In den regelmäßigen Projekttreffen verbreitet dies immer wieder das Gefühl, wie fruchtbar es für das Ausmaß des Erkenntnisgewinns und der im Projekt entwickelten Transferprodukte ist, in dieser abteilungsübergreifenden Weise nachzudenken und zu forschen", so Prof. Dr. Marcus Hasselhorn über die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.

Für dieses Jahr werden noch Schulen in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und NRW gesucht, die die App in Klassen mit mindestens einem Kind im Autismus-Spektrum testen möchten. Darüber hinaus such INCLASS noch in diesem Schuljahr Lehrkräfte, die an der Feldstudie zum Assessment-Tool teilnehmen. Interessierte können sich gerne auf der Projektseite informieren und Kontakt aufnehmen.

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