Mit dem Ausbau von Ganztagsangeboten insbesondere seit Anfang der 2000er Jahre war der Gedanke verbunden, Kindern und Jugendlichen mehr individuelle Förderung zu ermöglichen und Bildungsungleichheiten zu verringern. Dass dies kein Selbstläufer ist, sondern eine hohe Qualität der Angebote voraussetzt, ist ein Ergebnis umfangreicher Forschungen.

Seit mittlerweile 20 Jahren wird zur Ganztagsschule in Deutschland geforscht, daher ist viel über die Wirkung von und die Bedingungen für gute Ganztagsangebote bekannt. Viele Ganztagsschulen und andere Einrichtungen wie beispielsweise Horte haben Konzepte entwickelt, die Kindern und Jugendlichen hervorragende Bedingungen für das Aufwachsen bieten. Und auch in der Verwaltung sind viele Erfahrungen und Ideen gesammelt worden, wie die Entwicklung des Ganztag bestmöglich unterstützt werden kann. Diese Perspektiven kamen in den letzten 20 Jahren jedoch nicht in ausreichendem Maß zusammen.

Forschungsprojekte zu Ganztagsschulen

Insgesamt wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mehr als 20 Vorhaben spezifisch zum Thema Ganztagsschule gefördert. Ein umfassendes und langfristig angelegtes Projekt war die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG). Dank dieser Studie ist inzwischen viel über die Wirkweisen im Ganztag bekannt. Die Forschungsergebnisse von StEG sind für die Praxis sowie Verwaltung und Politik in Broschüren aufbereitet worden. Für Forschende wiederum erschienen zahlreiche Publikationen in Büchern und Fachzeitschriften. Sie bieten eine solide Wissensgrundlage für Überlegungen dazu, was einen guten Ganztag ausmacht.

»Zentrale Frage: Wie können Forschung, Verwaltung und Praxis zueinander finden, um Handlungswissen für einen guten Ganztag zu entwickeln?«

Es gibt zahlreiche Forschungsbefunde sowie viele gute Ganztagsschulen und Beispiele für effektive Verwaltungsstrukturen.

Sechs Handlungsfelder als zentrale Stellschrauben in der Qualitätsentwicklung

Die Forschungsarbeiten der letzten Jahre zeigen, dass sechs zentrale Handlungsfelder wichtig für die Qualitätsentwicklung ganztägiger Bildungsangebote sind. Angebote, die klar auf Ziele und Kompetenzen ausgerichtet sind und gut umgesetzt werden, haben ein großes Potenzial, Kinder und Jugendliche bestmöglich zu fördern. Besonders vorteilhaft ist es, wenn diese Angebote auch nach mehreren Jahren noch attraktiv bleiben und positive soziale Beziehungen fördern. Die Leitung und die Zusammenarbeit der pädagogischen Fachkräfte sollten sicherstellen, dass diese Aspekte in den Bildungsangeboten umgesetzt werden.

  • Icon SteuerungSteuerung des Ganztags: Wie funktioniert Führung in einem komplexen Netzwerk von Institutionen und Menschen?

  • Icon ZusammenarbeitZusammenarbeit: Wie lässt sich die pädagogische Arbeit im Team mit verschiedenen Fachleuten und Institutionen abstimmen?

  • Icon GesamtkonzeptGesamtkonzept: Welche Bedingungen sind für eine gut durchdachte Gestaltung und die Verknüpfung der verschiedenen ganztägigen Bildungsangebote erforderlich?

  • Icon AngebotskonzeptAngebotskonzept: Wie können Konzepte entwickelt werden, die auf klaren Zielen und den gewünschten Wirkungen der jeweiligen Angebote basieren?

  • Icon AngebotsdurchführungAngebotsdurchführung: Welche Kriterien sind für eine gute Organisation und die Leitung von Angeboten erforderlich?

  • Icon Soziale BeziehungenSoziale Beziehungen: Wie lassen sich positive Interaktionen zwischen allen Beteiligten an den Ganztagsangeboten fördern?

Dennoch stellte sich heraus, dass in den Ergebnissen viele ungenutzte Potenziale stecken, die die Weiterentwicklung des Ganztags bereichern könnten. Forschung, Praxis und Verwaltung kamen in der Vergangenheit eher punktuell, beispielsweise über Fachtage zusammen. Dabei eingehend über diese Handlungsfelder zu diskutieren, die Perspektiven miteinander zu verknüpfen und nachhaltig voneinander zu lernen gelang mangels eines größer angelegten, länger andauernden Austauschs nicht in zufriedenstellendem Maße. Es entstand die Frage, wie man das reichhaltige Wissen zum Ganztag aus Forschung, Praxis und Verwaltung konstruktiv zusammenbringen kann. Wie kann das gelingen und worauf kommt es dabei an? Der Schlüssel dazu war der Dialog.

TagungBei der StEG-Abschlusstagung wurden Forschungsergebnisse zum Ganztag vorgestellt und diskutiert.

Viele Wege führen ans Ziel – unserer war der Dialog

Es gibt verschiedene Strategien für den Praxistransfer, etwa durch gute Wissenschaftskommunikation oder durch Beratungstätigkeiten von Wissenschaftler*innen. Unser Ziel war jedoch nicht, wissenschaftliches Wissen einfach in die Praxis zu übertragen, sondern die verschiedenen Wissensressourcen aus Forschung, Praxis und Verwaltung miteinander zu verbinden. Alle Beteiligten haben über die Jahre wertvolle Erkenntnisse gesammelt, die es nun zusammenzubringen und zu teilen galt. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung teilte diese Ansicht und unterstützte das Vorhaben von Anfang an. Es arbeitete bereits bei der Konzeptentwicklung des Projekts mit uns zusammen. So konnten effektive Beteiligungsformate geschaffen werden, die die Perspektiven der Verwaltung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene umfassend einbezogen.

Die Handreichungen sollten, so die Vision, nicht nur mit wenigen Vertreter*innen aus Forschung, Praxis und Verwaltung entstehen. Stattdessen sollte ein breiter Personenkreis am Prozess teilnehmen können, um möglichst viele Perspektiven zu sammeln. So entstand die Idee der Dialogforen. Ziel war es, einen hilfreichen Rahmen für die Gestaltung guter ganztägiger Bildungsangebote zu entwickeln, den sowohl die Praxis als auch die Verwaltung nutzen können – idealerweise kompakt genug, um in die Hosentasche zu passen und bei Bedarf zurate gezogen werden zu können.

2. Teil: Das Projekt

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